Back to the roots: eine Autoren-Zeitreise

Ihre Erfolgsgeschichte begann als Self-Publisherin. Im Interview erzählt Constanze Köpp, wie sie die Aufmerksamkeit von Lesern und Verlagen gewann und welche Türen sich seit ihrer…

19.09.2017 · Anja Meiners Autoren · Vermarkten

„BoD war ein großes Sprungbrett“, betrachtet Constanze Köpp heute rückblickend ihre Anfänge als Autorin. Genau zehn Jahre ist es her, dass die Suche nach einem Verlag für ihre berührende Geschichte über ein todkrankes Mädchen die Hamburgerin Constanze Köpp zu BoD führte. Als Self-Publisherin brachte sie ihr erstes Buch auf den Markt, welches innerhalb kurzer Zeit der aktiven sowie teils unkonventionellen Buchvermarktung eine große Leserschaft begeisterte und sich wochenlang in den Top 10 der BoD-Veröffentlichungen hielt. Es folgten ein Verlagsangebot für ihr Werk sowie weitere Verlagsveröffentlichungen. Zum 10-jährigen Jubiläum brachte die freie Traurednerin und Wohnkosmetikerin jetzt mit ihrem Verlag eine Neuauflage ihres Erstlingswerks heraus und lud BoD zu ihrer Lesung in Norderstedt ein. Wieso die Begeisterung für ihren Roman auch nach zehn Jahren nicht nachlässt und wieso die Autorin heute noch gern an ihre Anfänge als Self-Publisherin zurückdenkt, verrät sie im Interview.

„Ich habe so sehr an mein Werk geglaubt“

Bereits in jungen Jahren zählte Schreiben zu Ihren Leidenschaften. Was führte zu dem Entschluss, gerade Ihre Geschichte – zu BoD-Zeiten „Fannys Weg“ – als Buch zu veröffentlichen?
Ich verlor meine erste Freundin im Alter von sechs Jahren. Doch weder der Tod noch das Sterben per se wurden zum Thema gemacht. Lediglich mein Vater dachte sich immer wieder Geschichten aus dem Himmel für uns Schwestern aus und erzählte sie uns über einen sehr langen Zeitraum. Ich verlor die Angst vorm Tod und hatte schon damals den Gedanken: wenn ich mal groß bin, schreibe ich eigene Bücher und schenke meine Geschichten kranken Kindern, die Angst vor dem Ende haben. Ich war mir sicher, dass die keine Teddybär-Bücher lesen wollen, sondern etwas Tröstendes.Schon bald, nachdem Sie Ihr Buch als Self-Publisherin veröffentlicht hatten, wurde es zu einem BoD-Bestseller.  Welche Maßnahmen ergriffen Sie, um Ihr Buch zu vermarkten und Aufmerksamkeit als Autorin zu erhalten?
Ich habe damals so sehr an mein Werk geglaubt und ich ahnte, dass es vom Thema her ein Evergreen sein könnte. Prosa hält sich nicht immer lange, aber meine Geschichte vom Leben und Sterben, von der Hoffnung, Ängsten, Fragen zu Gott, Engeln und dem Glauben – zusätzlich aus der ICH-Perspektive geschrieben, machten es mir einfacher, das Buch einer breiten Masse näher zu bringen. Theoretisch könnte es jeder lesen, war mein Ansatz, wie einst Der Kleine Prinz, den ich natürlich auch im Buch erwähne. Vor 10 Jahren schon nutzte ich diverse Bücherforen und Gruppen in sozialen Netzwerken wie Xing, später folgten sehr aktiv auch Facebook, twitter, linkedin. Zusätzlich schrieb ich Vereine in ganz Deutschland an, gab sogar Lesungen für Bestatter. Ich ließ Flyer und Aufkleber drucken, sorgte für Verlosungen auf Blogs und in Zeitungen. Selbst Magazine erwähnten Franny, und einmal gab es sogar einen 6-seitigen-Bericht in einem Buchmagazin, weil der Chefredakteur sich irgendwie in Franny „verliebt“ hatte.Sie erhielten unglaublich viel positive Resonanz von Lesern. Was macht Ihr Buch so besonders und welche Erlebnisse sind Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?
In der Tat gab es niemals Kritik, als biete Franny keine Angriffsfläche. Die Resonanz meiner Leser war das Berührendste. Selbst die Bewertungen auf Amazon – jede mit voller Sternzahl, das ist des Autors schönster Lohn! Einer der unvergesslichsten Leserbriefe begann so: „Frau Köpp, woher kennen Sie die Geschichte meiner Tochter?“ Später bekam ich ein Foto vom Grabstein mit der Aufschrift gemailt, ein Zitat aus meinem Buch, um das ich vorher gebeten worden war. Name und Alter – Gänsehaut! Oder bei Lesungen, wenn die Menschen weinen, oder kurz den Raum verlassen, um mir später zu berichten, dass sie der Franny einfach zu ähnlich seien.

Constanze Köpp

(48) Zweifache Mami und glücklich. Geboren in Hamburg, im Juni 1969. Bereits als Kind an der mechanischen Schreibmaschine kleine Geschichten verfasst und diese immer allen vorgelesen. In den 90ern freie Autorin und Sprecherin für den Beate Uhse-Konzern; 2006 BoD, 2007 Knaur, 2007 Gründung „Wohnkosmetik“, 2014 Knaur „aufgeräumt leben“, Bestsellerliste, 2017 „aufgeräumt denken“, 2017 „Frannys Reise“ (Jubiläum); seit 2015 freie Traurednerin. „Wenn ich bedenke, dass ich weder Abi, noch eine Lehre oder ein Studium hinter mir habe, ich nie mit Zeugnissen, sondern immer nur mit meinen Leidenschaften und Überzeugungen sowie Mut punkten konnte, bin ich stolz. Ich möchte sagen, dass Erfolg nicht nur aus Noten gemacht wird! Es braucht Zuversicht, Courage und Selbstvertrauen, um manchmal Berge zu versetzen und sich besonders über die Ansichten und Wertungen anderer hinweg zu setzen!“

„Wer viel schreibt, verändert sich“

Knapp 1 Jahr nach Ihrer Veröffentlichung nahm ein Verlag mit einem konkreten Angebot Kontakt zu Ihnen auf. Wie war dieser auf Sie aufmerksam geworden?
Durch die damaligen BoD-Newsletter mit dem Top 10-Ranking sowie Autoren-Steckbriefe hatte Knaur mich entdeckt. Ich weiß, dass große und renommierte Verlage unter den Self-Publishing-Neuerscheinungen immer wieder nach Nachwuchsautoren Ausschau halten.Viele Autoren schätzen insbesondere die inhaltliche und gestalterische Freiheit im Self-Publishing. Aus Frannys Weg wurde Frannys Reise – mussten Sie viele Kompromisse bei der Neuveröffentlichung Ihres Romans eingehen?
Im Gegenteil, ich hätte Abhängigkeit auch nicht zugelassen. Während du dein Manuskript plötzlich als Buch in den Händen hältst, fällt dir auf, was du hättest noch alles hier und da schreiben können und / oder erwähnen müssen. Insofern war die Überarbeitung von mir und zusätzlich vom Knaur-Lektorat sehr willkommen. Und 10 Jahre später erneut – denn wer viel schreibt, verändert sich, verbessert sich, findet immer mehr zu seiner eigenen Sprache, feilt erfolgreich am eigenen Wiedererkennungswert. Als Kolumnistin war mir das besonders aufgefallen. Da erfuhr ich schnell, wie weit ich mittlerweile gekommen war. Das hat mich schon stolz gemacht, denn an mein Schreiben hatte in jungen Jahren eigentlich niemand geglaubt.

Leserbindung damals und heute

2007: Constanze Köpp liest aus ihrem Erstlingswerk „Frannys Weg“.
2017: Die Autorin liest aus der Neuauflage ihres einstigen BoD-Romans „Frannys Reise“.
Auch bei ihren Lesungen legt die Wohnkosmetikerin großen Wert auf Ästhetik und Wohlfühl-Ambiente.
Die Nähe zu ihren Lesern und deren Feedback liegt Constanze Köpp sehr am Herzen.
Besonders bewegt war die Autorin von der Leserrückmeldung eines Elternpaars. Den Grabstein ihrer verstorbenen Tochter ziert ein Zitat aus „Frannys Reise“.
Schöne Idee & wertvolles Leserfeedback: Wiederholt schickte die Autorin ihr Buch auf Reisen, um es am Ende samt Leseranmerkungen und -briefen zuückzuerhalten.
Sie veröffentlichten in den folgenden Jahren noch weitere Bücher – Ratgeber zur Abwechslung. Was führte zu dem Genrewechsel?
Nun war ich 2007 zusätzlich auch Gründerin meines Unternehmens „Wohnkosmetik“, schaffte es ins Fernsehen und in die Presse, was wiederum Anlass genug war, meinem Verlag meine Arbeit einige Jahre später als Buchthema vorzuschlagen. Und wieder hatte ich ein Thema behandelt, das im Grunde jeden etwas angehen konnte. Natürlich gab es bereits Publikationen zum Thema LOSLASSEN auf dem Markt, doch jeder Autor erreicht durch seine Sprache auch wieder neue und andere Leser. Das Buch „aufgeräumt leben“ schaffte es 2014 einige Male auf die Spiegel-Bestsellerliste und so bat man mich um die Fortsetzung „aufgeräumt denken“, welche 2017 – knapp ein halbes Jahr vor der Neuauflage von „Frannys Reise“ – erschien.

Frannys Geschichte liegt Ihnen so sehr am Herzen, dass sie Ihren Verlag überzeugen konnten, zum 10-jährigen Jubiläum eine überarbeitete Neuauflage Ihres Romans herauszubringen. Waren die bisherigen Reaktionen wieder so positiv wie „damals“?
Nun ist Franny erst einige Wochen in dieser überarbeiteten Ausgabe auf dem Markt, doch ich bin sicher – schon anhand der Reaktionen nach der letzten Lesung – dass Franny auch weiterhin von vielen Menschen ins Herz geschlossen wird. Es sind Feinheiten, ein paar neue Fragen, die sich Franny stellt, hinzu gekommen ist ein Vorwort, und natürlich die Erkenntnis, dass ich erwachsener geworden bin, was das Schreiben unweigerlich beeinflusst hat. 2009 schickte ich FRANNY auf die Reise. Das Buch wanderte durch viele Hände und kam zurück mit wundervollen Anmerkungen, Kaffeeflecken, Eselsohren und liebevollsten Einträgen. Vor ein paar Tagen nun brachte ich die neue Ausgabe noch einmal auf den Weg und freue mich schon sehr auf das Ergebnis.

„BoD war ein großes Sprungbrett“

Wenn Sie heute auf Ihre Autorenanfänge zurückblicken – was hat sich in den vergangenen zehn Jahren seit Ihrer ersten Buchveröffentlichung für Sie als Autorin, privat sowie beruflich verändert?
BoD war für mich ein großes Sprungbrett und schon damals eine großartige Chance für jeden, der davon träumte, einmal ganz unbürokratisch sein Manuskript als eigenes Buch in den Händen zu halten. Der Traum vom eigenen Buch – dieser Traum wird niemals sterben. Leider gab es schon damals auch Zuschussverlage, die einem das Gelbe vom Himmel versprachen und bereits auf roten Insiderlisten standen, was aber nicht jeder, der seine Sparschweine im guten Glauben dorthin hingebracht, vorher wissen konnte. Heute ist der Markt voll von Eigen- und Zuschussverlagen sowie Möglichkeiten, um seine Werke zu vermarkten, selbst mir wird schwindelig in diesem Dickicht des Dschungels und ich wüsste vermutlich nicht direkt, wo ich anfangen soll. Nun habe ich Glück mit Knaur, beim Marketing besondere Unterstützung zu erhalten. Und wo ich schon mal den Fuß in der Tür habe, hoffe ich nicht, ihn wieder zurück ziehen zu müssen.Im Spätherbst beenden Sie voraussichtlich Ihren ersten Liebesroman. Wäre eine Veröffentlichung im Self-Publishing wieder eine Option?
Möglich, möglich! Ich habe zwar mittlerweile eine emsige Agentin mit ins Boot geholt, doch sollte ich zu ungeduldig werden, wäre ich bereit, wieder einen anderen Schritt zu gehen. Knaur möchte mich gern weiterhin als Ratgeber-Autorin sehen, weshalb in diesem Genre bald eine weitere Idee reifen könnte, eine Veröffentlichung meines Liebesromans dort jedoch unwahrscheinlicher ist.

Was geben Sie anderen Autoren mit auf den Weg?
Fragen, die sich stellen sollten, und denen sie sich stellen müssen. Was ist die Motivation, was mein Ziel? Ist es Leidenschaft oder mehr Ego? Habe ich ein Thema, das eine breite Leserschaft ansprechen könnte? Wird mein Buch bewegen und fesseln? Wie ernst nehme ich das Schreiben? Ist es ein Talent, eine Begabung, eine Berufung? Was muss ich tun und was bin ich bereit, an Zeit und Geduld zu investieren, um mich und mein Werk zu vermarkten, damit es viele Menschen erreicht? Viele Romane schaffen es nicht über das 1. Jahr hinaus, doch gute Ratgeber oder Sachbücher können sich lange noch am Markt beweisen. Darüber hinaus: Wie mächtig bin ich der deutschen Sprache und Grammatik? Habe ich die richtige Stimme, die es mir erleichtert, über Lesungen hinaus aus Zuhörern auch Käufer zu machen?Wir danken für diese spannende Zeitreise und wünschen weiterhin viel Erfolg mit Ihren Büchern, Constanze Köpp.

– Ich danke Ihnen! Es war schön, sich zu erinnern!

 Bilder: Constanze Köpp

Kommentare

  • Liebe Constanze Köpp, ich bin im Gegensatz zu Ihnen alt, sehr alt und habe trotzdem den Mut, wie Sie ihn ehedem hatten, ein Buch im Self-Publishing bei BoD herauszubringen. Auch ich habe Zeit meines Lebens gern geschrieben, das Schreiben zum Beruf gemacht. Als erwachsene Frau habe ich im Fernstudium Journalistik studiert,in Tageszeitungen und zuletzt verantwortlich in einer Betriebszeitung gearbeitet. An einem Buch hatte ich mich noch nicht versucht. Durch den Krebstod meines Mannes und zur Bewältigung meiner Trauer begann ich, über unser Leben zu schreiben und sah wieder Licht am Ende des schwarzen Tunnels. Und ja, es gehört Mut und Glaube an sich selbst dazu, öffentlich zu werden. Ihnen weiterhin viel Glück!

  • Ich hatte zwar das Glück, mein erstes Buch als Erfahrungsbuch bei Bastei Lübbe veröffentlichen zu können – Zum Weinen ist die Zeit zu schade. (Das letzte Jahr mit meinem Mann, der an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit gestorben ist.) Danach hat mich der Virus Schreiben gepackt und heitere Urlaubskrimis folgten. Im Augenblick beschäftige ich mich stark mit Self-publishing und überlege, im nächsten Jahr den Versuch mit einem Roman zu wagen. Bei BOD habe ich den Kurzkrimi Laras Spiel veröffentlicht. Die Erfolgsstory von Frau Köpp ist beeindruckend. Ich wünsche ihr weiterhin gutes Gelingen.

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