unnötig komplizierte Schreibe mit intellektuellem Tiefgang zu verwechseln, wird doch bestimmt Dir nicht passieren ...
Und zum Bernhard: Den musst du in der Tat hören. Wird der Text gesprochen, werden nämlich durch die Betonung die auf dem Papier fehlenden Punkte ausgeglichen - und schon passt es wieder.

Was ich mit der Kürze meine, vllt. ein Beispiel: 15. Mai 1955. Im Schloss Belvedere in Wien unterzeichnet der österreichische Aussenminister Leopold Figl gemeinsam mit den Alliierten den Staatsvertrag. Bekanntlich verpissen sich diese innerhalb eines halben Jahres aus Österreich. Sie kommen als Touristen wieder, um das heimische Bruttoinlandsprodukt aufzufetten. Fein. Aber soweit ist man 1955 noch nicht. Leopold Figl geht nach den Unterschriften auf den Balkon im ersten Stock und zeigt die Urkunde triumphierend den Tausenden Österreichern, die auf dem Platz vor dem Schloss gespannt warten. Was sagt er? - "Österreich ist frei!" Jubel überall ...
Kein Wort zuviel, keines zuwenig. Eine geradezu monolithische Aussage.

Bedauerlicherweise ist das Legende. Die historische Wirklichkeit sieht deutlich anders aus: Figl unterzeichnet den Vertrag, nuschelt kaum verständlich "Österreich ist frei" vor sich hin und geht dann auf den Balkon. Dort zeigt er seinen Landsleuten den Vertrag und hält eine der typischen Politikerreden, an die sich heute (verdienterweise) kein Mensch mehr erinnern kann.
Und jetzt frage ich: Würdest Du ein Buch über ein Volk schreiben, das jahrelang um seine Freiheit verhandelt, zuletzt mit Erfolg, welche Variante würdest Du bevorzugen? Die Legende oder die Wirklichkeit? Na also.
rico