ricochet hat geschrieben:Mein Problem ist, dass ich in vielen Dingen umdenken muss. Zentrales Thema sind die Unterscheidung von ss und ß
Zuerst:
Die Kenntnis, ob ein einfaches "s" oder ein "ß" gesetzt wird, ist weiterhin erforderlich - unabhängig von der Rechtschreibreform. Wer nicht in der Lage ist, ein korrektes "das" bzw. "daß" nach alter Rechtschreibung zu setzen, hat auch in der neuen Rechtschreibung verloren.
Dann:
"ss" wird da gesetzt, wo ein kurzer Vokal voraus geht
"ß" bleibt bestehen, wenn der Vokal lang gesprochen wird.
"daß" wird zu "dass", weil das "a" ein kurzer Vokal ist.
Gleiches gilt für "Fass", "nass", "Hass"
Wörter wie
"Maße", "Muße", "Straße", "heißen" behalten ihr "ß" (Diphthonge, also Doppel-Vokale, gelten als lange Vokale).
Ergänzend dazu:
Die Regel mit dem kurzen Vokal gab es in beschränkter Form auch schon vor der Rechtschreibreform. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass man vor 1996 "Wissen" mit einem "ß" geschrieben hat: "Wißen". Die Regel "kurzer Vokal macht aus einem 'ß' ein 'ss'" ist nur konsequent zuende gedacht worden.
Lustig sind die Schweizer, weil die das "ß" vollständig abgeschafft haben. Da sind jetzt Sätze wie dieser möglich:
"Die Schweizer trinken Alkohol in Massen"
In Deutschland hätte man geschrieben:
"Die Schweizer trinken Alkohol in Maßen"
Ganz anderer Satzinhalt, nicht wahr?

frangsen hat geschrieben:2. Bloßer Doppelkonsonant bei folgendem Vokal
"Schiffahrt" ist schöner als "Schifffahrt", "Misstand" hübscher als "Missstand" - und einfacher in einem Text zu erfassen. (Wobei es allerdings "Mißstand" hieß, was hinsichtlich des "ß" noch ein Thema sein könnte, das aber nicht so wichtig erscheint.)
Ich kann dir nur empfehlen, dich bzgl. dieser Regel mal mit Nicht-Deutsch-Muttersprachlern zu unterhalten.

Schiff + Fahrt = Schiffahrt (nach alter Regel fällt ein Konsonant raus)
Sauerstoff + Flasche = Sauerstoffflasche (nach alter Regel fällt kein Konsonant raus)
Den "Seeelefant" gab es auch schon in der alten Rechtschreibung, und "Nordseeis" sieht in der alten Schreibweise nicht schön, sondern merkwürdig aus.
Und ich frage mich mittlerweile, wie man das "Teeei" (neue Rechtschreibung, alternativ auch "Tee-Ei") vor 1996 geschrieben hat ("Teei"???).
Es gibt einiges in der alten Rechtschreibung, das man heute nur schwer erklären kann. Warum führen versteckte Artikel, wie "im"= "in dem", in der alten Rechtschreibung nicht zu einer Substantivierung (siehe "im allgemeinen" - heute: "im Allgemeinen")?
Ich vermute, es ist schlicht einfacher, auf die Veränderung zu schimpfen, als sich intensiv mit ihr zu befassen und sie zu lernen. Könnte das sein?

Wie gesagt: Wer mal mit Nicht-Deutsch-Muttersprachlern die eigene Sprache diskutiert, wird auf manches plötzlich aufmerksam.
Just my 2 Euro-Cents
Siegfried