augenbrot

augenbrot

grafik & lyrik

Kai Dillenberger , Hans-Joachim Griebe (Hrsg.)

Band 23 von 29 in dieser Reihe

Klassiker & Lyrik

Paperback

64 Seiten

ISBN-13: 9783944643946

Verlag: Verlag Rote Zahlen

Erscheinungsdatum: 29.09.2020

Sprache: Deutsch

Farbe: Ja

Bewertung::
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14,50 €

inkl. MwSt. / portofrei

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Nachwort des Herausgebers:
1987 flog ich nach London, um die eben fertiggestellte Clore Gallery anzusehen. Der Besuch erwies sich als äußerst anstrengend, weil die Augen von zwei Seiten gleichzeitig gefüttert wurden. Zum einen von der Wucht der geballten Ladung Turner, zum anderen natürlich vom JamesStirlingBau, der, auch ohne die Turner-Gemälde, eine aufregende Expedition mit Überraschungen an allen Ecken und Erkern war. Man hätte danach nach Hause fahren sollen, aber weil man nicht jeden Tag in London ist, ging ich noch in die Moderne. Dort war dann aber irgendwann Schluss. Völlig erschöpft setzte ich mich auf eine Bank und starrte lange halbblind vor mich hin. Auf was ich da starrte, wurde mir erst bewusst, als es sich in Bewegung setzte: Es war ein Rothko. Die üblichen Farbflächen also, deren Kunstwert ich nie ganz verstanden hatte, die aber jetzt, als ich sehr lange und gar nicht konzentriert ungefähr in die Richtung des Bildes, besser: durch das Bild hindurch schaute, Perspektive bekamen, sich verschoben, eine unglaubliche Tiefe entwickelten. Beinahe dreißig Jahre später ging es mir genauso mit der Grafik heinz von Kai Dillenberger.
Kai Dillenberger

Kai Dillenberger

Dieser Band ist vielleicht ein einzelnes Ereignis, vielleicht ist er aber auch der Beginn von etwas, das eines Tages eine Biografie rechtfertigt. Das ist ungewiss. Und wenn ein Buch ohne anständige Biografie kein anständiges Buch ist, dann veröffentliche ich eben ein unanständiges Buch. Ich habe in Goethes Faust gespielt, in Büchners Woyzeck, und ein Schwein bei einem Dorffamilienabend habe ich auch gespielt; ich habe Klaviertasten vergewaltigt und nach Gehör eingeparkt, habe zu Beethoven die Augen geschlossen und eine Nacht später zu dumpfster elektronischer Musik mit gänzlich unsubtilen, teilweise schlicht dummen Texten getanzt und geschwitzt; ich habe rauchend, mit fettigem, nach Fastfood stinkendem Mund und Schlaf in den Augen in Werken von Joyce oder Sloterdijk herumgekritzelt, immer auf der Suche nach Keine-Ahnung-Was, um dann später vielleicht in einem Gedicht von Bukowski, einem Satz von Kafka, einer Passage aus Sarah Kanes gesammelten Werken, einem Tom Sawyer, einem Kater Varus, einem Faustschlag gegen eine Wand, einer Tasse Tee, einer warmen Hand auf meinem Rücken oder einem Lustigen Taschenbuch genau das Gefühl zu finden - und sei es auch nur für einen winzigen Moment - nach dem ich die ganze Zeit gesucht hatte. Ich bin manchmal so ein Trottel, dass ich schon selber lachen muss, und manchmal bin ich einfach fantastisch und weiß das genau. Was ich noch genau weiß: Ich wurde 1981 geboren.
An dem einem Tag darf der Anzug kein Fältchen haben, am nächsten gehe ich mit ungeputzten Zähnen und fleckiger Trainingshose in den Edeka, um mir eine Tafel Schokolade oder ein Salatblatt zu kaufen. Ich interessiere mich nicht dafür, wo ich lebe und welchen Beruf ich in welchem Jahr ausgeübt habe. Ich bin jetzt da, wo ich sein will, und morgen bin ich woanders, in zehn Jahren sowieso, und mache ganz andere Sachen. Dann will ich nicht in einem Buch von mir über mich lesen lebt in Musterstadt, verdient seine Miete, trinkt gerne Kaffee, sondern Gedichte will ich in dem Buch lesen, zeitlose, ortlose, in die Welt getragene Fragmente, die mir wichtig waren und es vielleicht immer noch sein werden.

Hans-Joachim Griebe

Hans-Joachim Griebe (Hrsg.)

Verleger, Herausgeber, Veranstalter, Autor.
Aufgewachsen in Lübeck
Studium in Berlin, Hamburg, Paris
Lebt in Buxtehude

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